Am 13.06.2017 versammelte der BPM-Club 67 Teilnehmer zum Expert-Talk ins Berliner Ludwig-Ehrhard-Haus.
Mein persönliches Highlight setzte Bestsellerautor Karl-Heinz Land, Digitaler Darwinist und Evangelist, der seinem Titel alle Ehre machte. Er fesselte das Publikum in einer atemlosen „Predigt“ zu unserer digitalisierten Zukunft. Seine Performance war souverän, lässig, wirkte spontan und routiniert. Obwohl seine Ausführungen manchmal flach waren, entstand bei mir aus dem Mosaik der vielen Informationen und Gedankengänge tatsächlich eine plastische und überzeugende Vision unserer digitalisierten Welt.

Karl-Heinz Land: „Pass‘ Dich an oder stirb!“

Mit dieser knappen Formel fasst Karl-Heinz Land unsere Handlungsoptionen angesichts der Digitalierung zusammen. Aber er wäre kein Evangelist, wenn er nicht im gleichen Atemzug Trost spendete:

„Es gibt Hoffnung. Nur wir müssen etwas tun, um den Wandel zu gestalten.“

Mit drei Thesen umreisst der Redner welche Dimensionen die Digitalisierung erreichen wird:

  • Alles, was sich digitalisieren lässt, wird digitalisiert werden.
  • Alles, was vernetzt werden kann, wird auch vernetzt werden.
  • Alles, was automatisiert werden kann, wird automatisiert werden.

In rasender Geschwindigkeit werden Produkte wie z.B. LED-Lampen billiger, besser und erstrahlen mit immer neuen Funktionalitäten. Wo die Produkteinführungszeit, zu Neudeutsch Time-to-Market, einer Mercedes S-Klasse früher 10 Jahre betrug und auch in etwa der Dauer entsprach, über die das Modell dann produziert und verkauft wurde, beklagen Anwender und Kunden heute veraltete Komponenten schon beim Markteintritt.

Exponentielle Beschleunigung

Die Beschleunigung und Verdichtung erfasst auch Organisationsstrukturen: Hierarchien handeln zu zäh. Es ist die „Schwarm-Organisation“, also die reine Projektorganisation, die die notwendige Agilität im Unternehmen erfüllt. Mitarbeiter, die zwei Jahre lang in keinem Projekt eingebunden waren, werden so quasi von der Organisation automatisch „ausgestoßen“.

Kunden besitzen Autos nicht mehr, sie nutzen sie nur noch.

Neue Geschäftsmodelle entstehen und werden parallel zu bestehenden ausgebaut. So ist der Verkauf von Neuwagen nur noch ein Standbein der Automobilhersteller. Neue Bezahl- und Nutzungsmodelle, wie die km-weise Abrechnung beim CarSharing, erobern neue Zielgruppen und Märkte.

Ideen sind wichtiger als Kapital

Der prozentuale Anteil von Software am Gesamtprodukt steigt. Die IT wird zum wichtigsten Innovationstreiber. Beim autonomen Auto wird um einen Computer nur noch die Fahrgastzelle gebaut.

Wo Software zum Herzstück der Werschöpfung wird, sind die Angreifer auf Ihr Geschäftsmodell und Ihre Marke nicht mehr die bekannten Wettbewerber am Markt. Die Angreifer kommen aus anderen Branchen:

  • Uber besitzt keine Autos, aber verdrängt Taxizentralen von ihrem angestammten Platz.
  • Airbnb besitzt keine Hotels und verkauft dennoch mehr Übernachtungen als Hilton.
  • PayPal und Bitcoin (Blockchain-Technologie) bedrohen die Bankenbranche und könnten eines Tages Bargeld ersetzen.
  • Und das alte Telekommunikationsgeschäft wird attackiert von Digitalen Anbietern wie Skype oder Whatsapp.

Nur wer die Mechanik der Platform-Ökonomie versteht und umsetzt wird die Digitalisierung überleben.

Dabei wird es unvermeidbar, so Karl-Heinz Land, dass die Digitalisierung zum Jobkiller wird. Denn wo schon heute 400m-lange Containerschiffe ohne Besatzung die Meere kreuzen können und auch (Drohnen)-Flüge ohne Pilot auf Mission geschickt werden, ist mit einem Beschäftigungsrückgang von 47 % zu rechnen.

Rettung des sozialen Friedens

2017 startet Helsinki ein Experiment zum bedingungslosen Grundeinkommen. Auch soll die Arbeitszeit auf 6 Stunden pro Tag reduziert werden. Die Digitalisierung schafft so den Zwang zur Erwerbstätigkeit ab und schafft Raum für sinnstiftende Beschäftigung wie die Sorge um Alte, Kranke und Kinder.

2020 wird das Internet der Dinge mit $ 1.9 Billionen zur ökonomischen Wertschöpfung beitragen. 2020 werden über 30 Milliarden vernetzte Geräte genutzt werden. Die Hälfte dieser Aktivitäten werden von Startups getrieben. 80 Prozent werden aus dem Service-, anstatt aus dem Produktbereich kommen. So wie wir heute Autos und Maschinen bauen, müssen wir in Zunkunft Service und Software denken.

Karl-Heinz Land

Digitale Revolution

Karl-Heinz Land skizziert die Stationen der wirtschaftlichen Entwicklung, beginnend mit der industriellen Revolution und dem damit entstehenden Kapitalismus und sozialer Marktwirtschaft.

Die zweite Stufe wird 1892 mit der Erfindung der Elektrizität erreicht.

In den 1950er und -60er Jahren entwickelte sich die Elektronik und legte den Grundstein für Informationstechnologie und Automation.

Die Digitalisierung wird nach Einschätzung des Redners radikaler verlaufen als die Entwicklung der letzten 300 Jahre.

Auf die Frage, was er Unternehmen heute rät, die noch nicht in die Digitalisierung eingestiegen sind, empfiehlt Karl-Heinz Land das Augenmerk auf die Prozesse zu lenken, die für (latente) Unzufriedenheit bei Kunden sorgen. Hier liegt das Einfallstor für Wettbewerber. Hier ist das Disruptionsrisiko am höchsten.

Vielen Dank für vielfältige Inspirationen und neue Begegnungen!

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